Die zweite Wange
Lasst es mich so sagen: Ich tu mir manchmal schwer, (noch) an das „Gute in der Welt“ zu glauben, auch wenn ich eigentlich ein Mensch bin, der mit einem ausgeprägten Steh-auf-Mechanismus ausgestattet ist, über den ich mich selber manchmal wundere und der mir dem Himmel sei Dank einfach gratis in die Wiege gelegt wurde.
Nun will ich nicht mit Plädoyers zur Verwerflichkeit der menschlichen Existenz daherkommen, geschweige denn irgendwelche Vergangenheiten als besser darstellen als das, was heute ist. Ich möchte lediglich über ein paar Ereignisse nachdenken, die sich rein zufällig in der letzten Zeit gehäuft haben und die, will man unser Dasein und das dazugehörige Drumherum als ein ineinander greifendes Ganzes sehen, Wege zu Neuem bahnen zu scheinen.
Ich fang mal von vorn an: Es ist Frau Freilich ein Anliegen, ihren Jungherren gewisse Begriffe menschlicher Größe und Ehrgefühl auf ihren Lebensweg mitzugeben, was auch versucht wird, durch Gespräche und relativ konsequente Verhaltensrückmeldungen umzusetzen.
Zum Beispiel wären da die Fähigkeit brüderlich zu Teilen, eine gewisse Nach- und auch Rücksicht anderen, vor allem Kleineren respektive Schwächeren gegenüber.
Ereignisbeispiel 1: Jungfreilichs Freundin, das Fräulein E. (3) sitzt mit ihrem kleinen Bruder, dem Monsieur M. (1 ½) in der Sandkiste, umgeben von was man dort eben so braucht und einem Stofftier. Da kommt ein Dreijähriger dahergelaufen, schnappt sich flugs Monsieur M.s Stofftier und rennt geschwind davon, denn dicht auf seinen Fersen ist ihm sein Bruder (5) und dessen beiden gleichaltrige Freunde, ebenfalls scharf auf das Stofftier. Es ergibt sich, dass alle vier, jeder an einer Extremität des geplagten Stoffwunders, zu zerren beginnen. Begleitet wird das Szenario von wildem Gebrüll, das alsbald in einer wilden Rauferei ausartet, was die drei Mütter nicht weiter zu irritieren scheint. Fräulein E. schaut konsterniert, sie weiß nicht, wie sie in so einer Situation reagieren soll und zuckt hilflos mit den Schultern. Monsieur M. ist einer, den so schnell nichts beunruhigt. Frau A., deren Mutter, wartet, dass eine der Mütter eingreift. Es geht eine Weile so weiter, bis der jüngste, nachdem ein schon einige zünftige Watschen und Deppscher weggesteckt hat, endlich zu weinen anfangt. Eine Mutter eilt herbei und erkennt, dass es um das Stofftier ging. „Wer hat es zuerst gehabt?“ will sie wissen. Der Kleine. Also dürfe er jetzt damit spielen. Da greift Frau A. ein und sagt, dass das Stofftier Monsieur M. gehöre, was die Mutter der Raufbolde mit einem Mann-was-bist-du-kleinlich-Blick abgilt.
Zum Beispiel wäre da noch die Fähigkeit zur Kommunikation. Neben dem Respekt und der Rücksicht anderen gegenüber wäre es Frau Freilich auch wichtig, dass die Jungherren eines Tages im Rahmen fairer Diskussionen ihren Willen durchzusetzen fähig sind. Konflikte sollten sie nicht scheuen, vielmehr versuchen, mit Hilfe der Vernunft die Dinge so zu regeln, dass jeder entsprechend aussteigt. Dabei muss man einstecken können und dabei dennoch Haltung bewahren und sich nicht unterkriegen lassen.
Ereignisbeispiel 2: Herr Jungfreilich, der Jüngere (ich bin fast vier!) hat einen besten Freund, den Herrn C., der den Jungfreilich, wie er immer wieder betont, sehr gern mag. Trotzdem vergeht kein Tag, an dem Herr Jungfreilich nicht – wirklich äußerst brutal – geschubst, getreten und geschlagen wird. Einfach so, aus heiterem Himmel. Wenn es nicht weh tut, lacht Herr Jungfreilich sogar und beschwichtigt „das macht doch nichts“, wenn es ärger ist, heult er eben und petzt ein bisschen bei den Tante, die dann, wie ich vermute, mit dem Herrn C. schimpft. Ich werde dem Jungfreilich nicht empfehlen, nach christlicher Manier auch die zweite Wange hinzuhalten. Aber was ich ihm dazu sagen soll, weiß ich ehrlich gesagt nicht, außer dass er es sich nicht gefallen lassen soll. Heute riet die Mutter des Herrn C. dem Herrn Jungfreilich, dem C. einfach auch eine drüberzuziehen, Retourkutsche also. Hm.
Ich weiß, ich mache alles falsch. Ich sollte meine Jungherren besser lehren, ihre Ellebogen sinnvoll einzusetzen, sie sofort in einen Karate-Club einschreiben und ihnen sagen, sie sollen sich schnell alles was geht unter den Nagel reißen, bevor’s ein anderer erwischt. Damit würden sie, glaub ich, ganz gut zurechtkommen in unserer schönen Welt.
Nun will ich nicht mit Plädoyers zur Verwerflichkeit der menschlichen Existenz daherkommen, geschweige denn irgendwelche Vergangenheiten als besser darstellen als das, was heute ist. Ich möchte lediglich über ein paar Ereignisse nachdenken, die sich rein zufällig in der letzten Zeit gehäuft haben und die, will man unser Dasein und das dazugehörige Drumherum als ein ineinander greifendes Ganzes sehen, Wege zu Neuem bahnen zu scheinen.
Ich fang mal von vorn an: Es ist Frau Freilich ein Anliegen, ihren Jungherren gewisse Begriffe menschlicher Größe und Ehrgefühl auf ihren Lebensweg mitzugeben, was auch versucht wird, durch Gespräche und relativ konsequente Verhaltensrückmeldungen umzusetzen.
Zum Beispiel wären da die Fähigkeit brüderlich zu Teilen, eine gewisse Nach- und auch Rücksicht anderen, vor allem Kleineren respektive Schwächeren gegenüber.
Ereignisbeispiel 1: Jungfreilichs Freundin, das Fräulein E. (3) sitzt mit ihrem kleinen Bruder, dem Monsieur M. (1 ½) in der Sandkiste, umgeben von was man dort eben so braucht und einem Stofftier. Da kommt ein Dreijähriger dahergelaufen, schnappt sich flugs Monsieur M.s Stofftier und rennt geschwind davon, denn dicht auf seinen Fersen ist ihm sein Bruder (5) und dessen beiden gleichaltrige Freunde, ebenfalls scharf auf das Stofftier. Es ergibt sich, dass alle vier, jeder an einer Extremität des geplagten Stoffwunders, zu zerren beginnen. Begleitet wird das Szenario von wildem Gebrüll, das alsbald in einer wilden Rauferei ausartet, was die drei Mütter nicht weiter zu irritieren scheint. Fräulein E. schaut konsterniert, sie weiß nicht, wie sie in so einer Situation reagieren soll und zuckt hilflos mit den Schultern. Monsieur M. ist einer, den so schnell nichts beunruhigt. Frau A., deren Mutter, wartet, dass eine der Mütter eingreift. Es geht eine Weile so weiter, bis der jüngste, nachdem ein schon einige zünftige Watschen und Deppscher weggesteckt hat, endlich zu weinen anfangt. Eine Mutter eilt herbei und erkennt, dass es um das Stofftier ging. „Wer hat es zuerst gehabt?“ will sie wissen. Der Kleine. Also dürfe er jetzt damit spielen. Da greift Frau A. ein und sagt, dass das Stofftier Monsieur M. gehöre, was die Mutter der Raufbolde mit einem Mann-was-bist-du-kleinlich-Blick abgilt.
Zum Beispiel wäre da noch die Fähigkeit zur Kommunikation. Neben dem Respekt und der Rücksicht anderen gegenüber wäre es Frau Freilich auch wichtig, dass die Jungherren eines Tages im Rahmen fairer Diskussionen ihren Willen durchzusetzen fähig sind. Konflikte sollten sie nicht scheuen, vielmehr versuchen, mit Hilfe der Vernunft die Dinge so zu regeln, dass jeder entsprechend aussteigt. Dabei muss man einstecken können und dabei dennoch Haltung bewahren und sich nicht unterkriegen lassen.
Ereignisbeispiel 2: Herr Jungfreilich, der Jüngere (ich bin fast vier!) hat einen besten Freund, den Herrn C., der den Jungfreilich, wie er immer wieder betont, sehr gern mag. Trotzdem vergeht kein Tag, an dem Herr Jungfreilich nicht – wirklich äußerst brutal – geschubst, getreten und geschlagen wird. Einfach so, aus heiterem Himmel. Wenn es nicht weh tut, lacht Herr Jungfreilich sogar und beschwichtigt „das macht doch nichts“, wenn es ärger ist, heult er eben und petzt ein bisschen bei den Tante, die dann, wie ich vermute, mit dem Herrn C. schimpft. Ich werde dem Jungfreilich nicht empfehlen, nach christlicher Manier auch die zweite Wange hinzuhalten. Aber was ich ihm dazu sagen soll, weiß ich ehrlich gesagt nicht, außer dass er es sich nicht gefallen lassen soll. Heute riet die Mutter des Herrn C. dem Herrn Jungfreilich, dem C. einfach auch eine drüberzuziehen, Retourkutsche also. Hm.
Ich weiß, ich mache alles falsch. Ich sollte meine Jungherren besser lehren, ihre Ellebogen sinnvoll einzusetzen, sie sofort in einen Karate-Club einschreiben und ihnen sagen, sie sollen sich schnell alles was geht unter den Nagel reißen, bevor’s ein anderer erwischt. Damit würden sie, glaub ich, ganz gut zurechtkommen in unserer schönen Welt.
freilich - 8. Jun, 00:10