Da mein werter Herr Sohn tagtäglich den Contest wer-ist-als-erster-in-der-Schule gewinnen möchte, pflegt er sein Frühstück in trauter Zweisamkeit mit unserem Kätzchen einzunehmen. Um halb sechs in der Früh existiert das Wort Mutterliebe nämlich noch nicht in meinem Vokabular.
Wenn wir einander etwas mitzuteilen haben, tun wir dies stets auf unseren orangenen Zettelchen, die dann am Küchentisch deponiert werden. So war ich heute Morgen schon fast gerührt, als ich folgenden Warnhinweis vorfand:
Mit dem werten Herrn Jungfreilich verhält es sich nämlich so, dass sich seine grafischen Darstellungen stets auf Detailstudien monstruöser Gestalten beschränken, denen offensichtlich ungeheures Aggressionspotential innewohnt. Im Vergleich dazu ist diese kleine Zeichnung schon fast ein Zugeständnis an bildlhafte Zärtlichkeit.
Es ist ja auch wahr: Er liebt sie heiß, unsere Minna. Während dieser an sich rotzige Herr seine Mitmenschen mit sichtlichem Wohlgefallen beflegelt (fragen Sie seinen Bruder, der kann Symphonien davon singen) genießt das Katzenvieh sein Gesamtrepertoire an Liebenswürdigkeiten. Da bekommt man Dinge wie "na wo ist denn mein Minna Schatzi" zu hören (wenn er das liest bin ich tot).
Dabei verdient sie das gar nicht: Vor zwei Tagen nämlich hatte sie die glorreiche Idee, sich frühmorgens auf meine Bettdecke, unter der ich gerade zu ruhen gedachte, zu setzen und ihren Bedürfnissen flüssiger Natur freien Lauf zu lassen. Glücklicherweise warnte mich der jüngste Freilich "du Mama, die Minna ludelt in dein Bett". Gegen meine Natur sprang ich zeternd und fluchend aus selbigem, jagte das Biest die Stiegen runter und schmiss sie mit gekonntem Weitwurf hochkant aus dem Haus.
Seither traut es sich nimmer bei mir im Bett zu schlafen, das Minna Schatzi.